Dolmetscher*innen im Gesundheitswesen – Warum wir sie dringend brauchen

Dolmetscher*innen werden in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt. Besonders wichtig sind sie im Gesundheitswesen, wo sie für die Kommunikation zwischen Patient*innen und ärztlichem Personal verantwortlich sind. Doch sind sie wirklich so unentbehrlich? Könnten nicht auch zweisprachige Familienmitglieder, Freunde oder Verwandte – im Allgemeinen Laiendolmetscher*innen genannt – ein medizinisches Gespräch verdolmetschen? Kurz gesagt: nein. Im Folgenden geht es um die Risiken, die das Dolmetschen durch Laien verursachen kann, sowie die Gründe, warum im Gesundheitswesen stets professionell ausgebildete Dolmetscher*innen eingesetzt werden sollten.

Doch was genau sind professionell ausgebildete Dolmetscher*innen? Für das professionelle Dolmetschen im Gesundheitswesen sind eine gezielte mehrjährige Dolmetscher-Ausbildung (bei der u. a. Dolmetschtechniken und -strategien wie z. B. Notiztechniken sowie berufsethische Prinzipien erlernt werden), fachsprachliche Kenntnisse im Bereich Medizin in mindestens zwei Sprachen, sowie Kenntnisse der Gesundheitssysteme der Ausgangs- und Zielkultur unerlässlich.

Professionelles vs. Laiendolmetschen

Tatsächlich werden im Krankenhaus verschiedene Personengruppen als Sprachmittler*innen eingesetzt, darunter folgende:

  • Begleitpersonen der Patient*innen, wie Familienmitglieder (oft auch Kinder), Freunde, Bekannte oder Nachbarn
  • mehrsprachiges medizinisches Krankenhauspersonal, wie behandelnde Ärzt*innen, Krankenpfleger*innen oder medizinisch-technische Angestellte
  • mehrsprachiges nicht-medizinisches Krankenhauspersonal, wie Putzpersonal, Transportpersonal oder Handwerker*innen
  • angestellte bzw. freiberufliche Dolmetscher*innen

Die ersten drei Personengruppen fallen unter die Kategorie Laiendolmetscher*innen, während die letzte professionelle Dolmetscher*innen sind.

Das Dolmetschen ist ein hochkomplexer Prozess, für den bestimmte Fachkompetenzen erforderlich sind, die stets weiter ausgebildet werden müssen. Für professionelle Dolmetscher*innen ist dies eine Selbstverständlichkeit, nicht aber für Laiendolmetscher*innen.
Der Einsatz von Dolmetscher*innen, die keine Ausbildung im Dolmetschen genossen haben, kann zu einer Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber Patient*innen und somit auch zu rechtlichen Folgen führen. Laiendolmetscher*innen haben in der Regel nicht die notwendigen sprachlichen Kenntnisse der Ausgangs- und Zielsprache und verfügen selten über die für die Dolmetschtätigkeit gerade in diesem Bereich relevanten Kompetenzen (wie Kulturmittlung, Transparenz, Verschwiegenheit und Un- bzw. Allparteilichkeit). Auch Haftungsfragen und andere Versicherungsaspekte spielen hier eine Rolle.

Laiendolmetscher*innen

Zu den Laiendolmetscher*innen zählen Verwandte, Freunde oder Bekannte von Patient*innen; ihr Einsatz ist jedoch problematisch, denn er birgt eine Reihe von Risiken mit sich. In der Regel verfügen Laiendolmetscher*innen nicht über die notwendigen sprachlichen Fähigkeiten. Sie kennen sich nicht mit medizinischen Inhalten aus und haben nicht das nötige medizinische Fachvokabular. Es passiert daher oft, dass Laiendolmetscher*innen aus guter Absicht heraus krankheits- und behandlungsrelevante Informationen den Patient*innen gegenüber bewusst oder unbewusst unterschlagen, verdrängen, relativieren oder verfälschen – also wichtige Informationen auslassen oder gar falsch wiedergeben. Werden Laiendolmetscher*innen eingesetzt, können sie weiterhin unter Umständen einen Vertrauensbruch gegenüber Patient*innen verursachen. Dies kann geschehen, wenn Patient*innen ihre gesundheitlichen Probleme nicht mit ihrem Begleitpersonen teilen möchten. Ein weiteres Risiko für den Einsatz von Laiendolmetscher*innen ist die emotionale Beteiligung. Es fehlt ihnen an professioneller Distanz, die für eine gute Kommunikation erforderlich ist. Aus diesem Grund sind sie oft mit der Dolmetscherrolle überfordert. In der Regel verfügen sie auch nicht über Kenntnisse der Berufsethik professioneller Dolmetscher*innen. Dabei geht es in erster Linie um Vertraulichkeit und die getreue Übertragung von Informationen. Zu guter Letzt können sie für die dringend erforderliche Unparteilichkeit keine Gewähr geben.

Wie sieht es mit anderen Personen, z.B. Gesundheitspersonal wie Krankenpfleger*innen oder auch Putzpersonal aus? Diese sind zwar als Dritte emotional nicht beteiligt, stellen jedoch keinen Ersatz für professionelle Dolmetscher*innen dar.
Auch sie besitzen häufig nicht die für das Dolmetschen erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen in der Anwendung von Dolmetschtechniken. Außerdem fehlt es auch ihnen oft an wesentlichen Kenntnissen des medizinischen Fachvokabulars, entweder in einer oder in beiden Sprachen. Daher können sie meist nur in eine Richtung relativ gut dolmetschen. Aus rechtlicher Sicht tragen sie wie alle Dolmetscher*innen ein großes Haftungsrisiko mitsamt aller Konsequenzen, da Patient*innen durch Dolmetschfehler unter Umständen zu Schaden kommen könnten. Oft ist dies Laiendolmetscher*innen nicht bewusst und sie geraten, ohne es zu wissen, in rechtliche Schwierigkeiten. Hinzu kommt, dass sie während des Dolmetschens ihrer eigentlichen Arbeit nicht nachgehen können, die dann unter Umständen unerledigt bleibt.

Professionelle Dolmetscher*innen

Die einzigen Personen, die im Gesundheitswesen dolmetschen sollten, sind also professionell ausgebildete Dolmetscher*innen. Sie verfügen über die erforderlichen berufsspezifischen Kompetenzen, denn sie kennen und verstehen die Fachbegriffe und verfügen über medizinisches Hintergrundwissen. Außerdem wissen sie, das Gehörte vollständig und präzise wiederzugeben, ohne etwas auszulassen oder hinzuzufügen – sei es zeitgleich (simultan) oder zeitversetzt (konsekutiv) nach einigen Sätzen. Sie kennen sich mit Dolmetschtechniken wie Notiztechniken aus und stellen so sicher, dass das Gehörte vollständig wiedergegeben wird. Außerdem beherrschen sie sowohl die Sprache des medizinischen Fachpersonals als auch die der Patient*innen sehr gut, können also in beide Richtungen dolmetschen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sie kulturelle Unterschiede erklären können, ohne sie zu werten, generell un- bzw. allparteilich bleiben (sie vertreten also nicht die Interessen der einen oder anderen Seite) und nicht ohne Weiteres in das Gespräch eingreifen. Außerdem zeigen professionelle Dolmetscher*innen Empathie und emotionale Distanz. Sie kennen sich mit den Gewohnheiten im Krankenhaus, in der Therapie und in den Gesundheitssystemen der Ausgangs- und Zielkultur aus und verfügen über eine Berufshaftpflichtversicherung, sodass eventuelle Dolmetschfehler versicherungstechnisch abgesichert sind.

Wege zu mehr Qualität

Da in der Realität leider immer noch häufig Laiendolmetscher*innen eingesetzt werden, stellt sich die Frage, wie beim Dolmetschen im Gesundheitswesen für mehr Qualität gesorgt werden kann. Zum einen sollte der Auftraggeber für die Beauftragung qualifizierter Dolmetscher*innen sensibilisiert werden und Laiendolmetscher*innen im Allgemeinen nicht zulassen. Außerdem sollte ein Bewusstsein für die komplexen Kompetenzanforderungen geschaffen werden. Dabei geht es vor allem um Dolmetschtechniken und Berufsethik sowie Sprach-, Fach-, Kultur- sowie psychosoziale Kompetenzen. Wichtig ist auch, dass eine angemessene Vergütung der Dolmetscher*innen mit einer festgelegten Untergrenze und Regelungen der Haftungsfrage bei Dolmetschfehlern gewährleistet wird. Außerdem sollte das medizinische Fachpersonal für die Arbeit mit Dolmetscher*innen qualifiziert werden, also besser auf die Dolmetschsituation vorbereitet werden.

Alle im Gesundheitswesen tätigen Personen, also Ärzt*innen sowie anderes medizinisches Fachpersonal, müssen sich der Bedeutung gelungener Kommunikation zwischen ärztlichem Personal und Patient*innen zu jeder Zeit bewusst sein. Damit die Kommunikation zwischen Ärzt*innen und Patient*innen zu jeder Zeit gelingen kann, ist es unabdingbar, professionelle und kompetente Dolmetscher*innen hinzuzuziehen. Die möglichen Gefahren und Risiken für das medizinische Fachpersonal und Patient*innen durch den Einsatz von Laiendolmetscher*innen sollten bekannt sein und berücksichtigt werden.

Mögliche Folgen des Einsatzes nicht-professioneller Dolmetscher*innen im Gesundheitswesen sind ein für die Patienten*innen erschwerter Zugang zu Prävention, Diagnose, Therapie, Rehabilitation und Information. Außerdem kann eine defizitäre medizinische Versorgung der betroffenen Patient*innen stattfinden oder Fehldiagnosen, unnötige Mehrfachuntersuchungen sowie eine erhöhte Gefahr der Chronifizierung von Erkrankungen entstehen. Für das Gesundheitssystem entstehen dadurch zusätzliche Kosten. Im schlimmsten Fall kann auch die medizinische Haftung der behandelnden Ärzt*innen gefährdet werden.

Fazit

Nicht-professionelle Dolmetscher*innen erfüllen in der Regel nicht die Voraussetzung für das Dolmetschen eines Gesprächs zwischen Ärzt*innen und Patient*innen. Medizinische Fachkräfte müssen sich beim Gespräch mit Patient*innen zu jeder Zeit auf die adäquate Übertragung durch Dolmetscher*innen verlassen können, was nur durch den Einsatz professioneller Dolmetscher*innen gewährleistet werden kann.Wir bei GLS arbeiten mit vielen kompetenten Dolmetschern*innen zusammen, die sich auf die Arbeit im Gesundheitswesen spezialisiert haben. So leisten wir unseren Beitrag für mehr Qualität. Kontaktieren Sie uns gerne und wir besprechen, wie wir Ihnen bei Ihrer Dolmetschanfrage weiterhelfen können.

 

– Elena Wiese